03 September 2007

Ein durch und durch belgischer Abend

Obwohl ich ja nun wirklich kein Neuling mehr bin in meinem Gastland, gibt es doch immer wieder Dinge, die einem auffallen und über die man sich so seine Gedanken macht....

Dieses Wochenende gab es davon gleich eine ganze Reihe: Zum einen das beliebte Fête de la Biere, das einmal jährlich unter großem Getöse am Grand Place stattfindet und neben den üblichen Verdächtigen in Form der zahlreichen Bierliebhaber von nah und fern dieses Jahr auch uns mal angelockt hatte. Der erste Schock war die Erkenntnis, dass man ohne Marken kein Bier kaufen kann. Also erstmal anstellen, die Schlange ist ja nicht sooo lange, kann ja nicht so lange dauern. Satte 25 Minuten später hatten wir uns dem Verkaufshäuschen immerhin auf 3m genähert. Das große Unverständnis über die Verzögerung schlug in halbherziges Verständnis um, als wir sahen, dass es nirgends Info gab, wieviel eigentlich ein Bier kosten solle. Und der Umrechnungskurs von 3 EUR für 4 Marken trug auch nicht gerade zur Einfachheit bei. Der Einfachheit halber bestellten wir kurzum 12 Marken für 9 EUR - logisch, oder?
Dann ging es auf ins Gewühle...unter lauter angeheiterten Zeitgenossen war es gar nicht so ohne die diversen Verabredungen einzuhalten. Einmal alle gefunden, hiess es noch Getränke zu organisieren. Weit über 100 Sorten standen wohl zur Auswahl. Wir nahmen das naheliegendste und hatten glatt Pech mit dem Geschmack. Aber Lust sich wieder durch die Menge zu quetschen hatte auch keiner. Mit bayerischem Bier kann das belgische Gesöff (tschuldigung) nunmal wirklich nicht mithalten. Warum da so ein Getue drum gemacht wird, kann ich als Münchner Kindl beim besten Willen nicht verstehen!
Nach einiger Zeit ohne nennenswerte Ereignisse, musikalische Untermalung höchstens von Hobby-Bier-Musikanten unter den umstehenden Gästen und einer Lautstärke, die selbst party-erprobten Menschen den letzten Nerv rauben kann, schlossen die Tore der Veranstaltung dann. Auf Gläser ohne Pfand nimmt natürlich niemand Rücksicht und so versuchte der eine Teil, die Unikate in der Tasche nach draußen zu schmuggeln, während der andere Teil die Glaskreationen lustig von den überfüllten Tischen abräumte. Für uns war es dann an der Zeit den Schauplatz zu verlassen und uns dem nächsten Termin des Abends zu zu wenden.
Ein kurzer Abstecher zu einem Charity-Event im Bois de la Cambre. Auch hier wieder das lästige Umtauschen von Geld in Marken, Rauchverbot im inneren, Becherverbot am Konzert - ach, ist die belgische Bürokratie schön. Wir gaben ein kurzes Gastspiel und machten uns per pede aufgrund von akutem Taximangel zurück auf den Weg in die Stadt.
Nach einigen Metern Fussmarsch hatten wir ein Drittel verloren und landeten nach einer halsbrecherischen Fahrt durch das Brüsseler Tunnelsystem an unserer Endstation. Vor der Tür die üblichen Türsteher und das Quiz um in den Laden reinzukommen.
Ob wir eine Einladung hätten, fragt der Kerl. Natürlich, sage ich mit festem Blick. Der Rest der Truppe versteht nur die Hälfte und guckt fragend. Ob wir auf der Liste stehen, fragt er wieder. Ja, antworte ich. Wer uns denn eingeladen hätte, will er wissen, wie die Person heisst. Ich überlege krampfhaft für ein paar Sekunden, doch so schnell will mir einfach kein französisch-klingender Name einfallen und so sage ich schlichtweg: J'ai oublié le nom....okay, sagt der Kerl, vous pouvez entrer. Da sagt mal noch einer, man soll Türsteher ernst nehmen. Nach der Aktion sicher nicht mehr. Meine Mitbewohnerin freut sich wie ein Schnitzel über meine "Dreistigkeit" und ich habe wieder eine Lektion in "souveränes Auftreten - keine Ahnung" gelernt. Hat sich der Abend schon gelohnt ;-)